Daniela Erni

Simon Baur, Kunsthistoriker, freier Publizist, Kurator

«Daniela Erni in der Galerie Hufschmid und Edition Cestio, Zürich»
Kunstbulletin, 2004


Daniela Erni (*1966) beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit dem Medium der Kaltnadelradierung und des Mezzotinto. Dabei hat sie eine minimal-ähnliche Sprache entwickelt, die bei Museumsleuten und Sammlern immer mehr Beachtung findet. Die Galerie Esther Hufschmid und die Edition Cestio in Zürich, sowie die Fondation Marc Jurt in Vaumarcus zeigen neue Arbeiten.

Behutsamkeit ist der Begriff, der die Arbeiten der in Basel lebenden Künstlerin Daniela Erni am Treffendsten charakterisiert. In den Drucktechniken der Kaltnadelradierung und des Mezzotinto arbeitend, hat sie sich in den letzten Jahren in die Hinterfragung ihrer stetig weiter entwickelten Formensprachen vertieft.

Im ersten Halbjahr 2003 hielt sich Daniela Erni in einem Gastatelier in Genua auf, wo sie wiederholt ein Aquarium mit Meerespflanzen und -tieren besuchte. Schon in früheren Jahren führten Eindrücke der Natur zu werkbestimmenden Einflüssen. Diese werden in einem minimalisierten Sinn so verarbeitet, als entstammten sie mikroskopischen Präparaten. Die einzelnen Formen und Themen entstehen über ein Einkreisen von Möglichkeiten. Diese werden so lange in die Kupferplatten eingeritzt, bis sich eine bestimmte Richtung abzuzeichnen beginnt, die dann weiterverfolgt wird. Die anfänglichen Liniengeflechte werden teilweise belassen, andere wieder weggeschliffen, immer vollzieht sich dadurch eine wörtlich gemeinte Überwindung von Widerständen.

Denn während in der Malerei ein gestischer oder lavierender Farbauftrag mittels Pinsel oder Spachtel handwerklich «einfach» zu machen ist, fordern die Tiefdruckverfahren auch einen kräftemässigen Einsatz, was schliesslich auch auf den einzelnen Abzügen seine Spuren hinterlässt. So sind etwa die farbgefüllten Linien auch in einem komplexen Geflecht unterscheidbar. Die oft auftretenden Mehrfarbigkeit wird durch den Druck eines Plattentons erreicht, damit gelingt es Daniela Erni ihren Arbeiten neben einer haptischen auch eine visuelle Tiefe zu verleihen.

Die bildgewordenen Elemente oben beschriebener Eindrücke, verdichten sich zu Erfahrungen, die sich konzentrisch um ein minimales Zentrum von „gefundenen“ Zeichen und Gesten gruppieren und immer wieder auf andere Art in die Arbeiten einfliessen. Seit Jahren sind thematische Verwandtschaften zu beobachten und doch erscheinen die Arbeiten jeweils anders und faszinieren von neuem in ihrer Reduktion auf das Wesentliche. Zu sehen in den blauschwarzen Arbeiten, die einzelne Ausschnitte von amöbenähnlichen Lebewesen zeigen oder in den orangefarbenen Blättern, in denen Elemente von Rispen, Blüten, Quallen und Muscheln so zu abstrakten Formen verdichtet wurden, dass sie gleichzeitig als Konzentrat von Mikro- und Makrokosmos aufzufassen sind.

Simon Baur